Welche Möglichkeiten das WEG und die aktuellen Corona-Regelungen bieten

Alle Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus haben weitreichende Einschnitte in das persönliche und gesellschaftliche Leben. Die bei Redaktionsschluss noch weiterhin geltende Kontaktsperre bringt auch das Zusammenwirken der Wohnungseigentümer zum Erliegen. Ist eine ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in dieser besonderen Situation überhaupt noch möglich? Kein Gesetz konnte diese Entwicklung voraussehen. Die Belange des Gemeinschaftseigentums bedürfen nach dem Wohnungseigentumsgesetz einer mehrheitlichen Beschlussfassung der Eigentümer. Das Verbot von Ansammlungen von mehr als zwei Personen für ganz Deutschland macht eine Eigentümerversammlung grundsätzlich unmöglich. Das Wohnungseigentumsgesetz bietet auch in der bestehenden Form alternative Handlungsmöglichkeiten:

  • 23 (3) WEG Wohnungseigentümerversammlung

Auch ohne Versammlung ist ein Beschluss gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss schriftlich erklären.

Dem s.g. Umlaufbeschluss müssen alle Eigentümer schriftlich zustimmen, auch in den Fällen, in denen bei einer Eigentümerversammlung eine einfache Mehrheit zur Beschlussfassung ausreichend wäre. Fehlt eine Unterschrift gilt der Beschluss als nicht angenommen. Bei größeren ET-Gemeinschaften ist das nicht praktikabel und anzuraten.

  • 25 (3 + 4) Mehrheitsbeschluss

Die Versammlung ist beschlussfähig, wenn die Erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile,…, vertreten. Eine Zweitversammlung ist ohne Rücksicht auf die vertretenen Anteile beschlussfähig, wenn hierauf bei der Einberufung hingewiesen wurde.

Theoretisch ist es möglich, dass der Verwalter ordnungsgemäß zur Versammlung einlädt und er und eine Wohnungseigentümer (evtl. Beirat), bestückt mit den Vollmachten der Wohnungseigentümer, die Eigentümerversammlung regulär durchführt. Obwohl rechtlich möglich halte ich die Verfahrensweise für bedenklich. Viele Eigentümer entscheiden sich erst nach der Diskussion und dem Austausch der Argumente für ein Votum. Diese Möglichkeit entfällt ersatzlos.

Der Gesetzgeber hat die eingeschränkte Handlungsmöglichkeit erkannt. Der Bundestag beschließt am 27. März 2020 das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht und im Artikel 2 § 6 für Wohnungseigentümergemeinschaften:

(1) Der zuletzt bestellte Verwalter im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes bleibt bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt.

(2) Der zuletzt von den Wohnungseigentümern beschlossene Wirtschaftsplan gilt bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort.

Die im o.g. Gesetz den Vereinen und Stiftungen erteilte Ermächtigung, Mitgliederversammlungen elektronisch oder schriftlich durchführen zu können, gilt nicht für Eigentümergemeinschaften. Eine entsprechende Neuregelung ist erst im Gesetzesentwurf zum neuen WEG vorgesehen. Eine Anwendungsmöglichkeit besteht nur dann, wenn in der Gemeinschaftsordnung diese Durchführungsbestimmungen vereinbart wurden.

Auch bei den eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten muss die Verwaltung nicht zum Erliegen kommen. Nach wie vor gehört zu den Aufgaben und Befugnissen des Verwalters (§ 27 WEG) alle Maßnahmen zu treffen, die für eine ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung sowie zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich werden.

Lothar Blaschke

Berlin 15.04.2020