ET-Wohnung kaufen oder verkaufen?
Unabhängig davon, ob man Mieter oder Eigentümer ist, Wohnungseigentum als Kapitalanlage sieht, oder sich als Selbstnutzer einen Lebenstraum erfüllt hat, es muss einen Auslöser geben, warum man sich aktuell so oft diese Frage stellt.
Wohnen ist ein Grundbedürfnis der Menschheit, die Wohnung ein Zufluchtsort, eine Burg, der geschützte Raum des modernen Individuums. Der geordnete Ablauf des Lebens ist in Gefahr geraten, ist mein Zuhause sicher? Äußere Einflussfaktoren, die der Einzelne weder bestimmen noch tatsächlich abwehren kann, verstellen den Blick in die Zukunft und schaffen Unsicherheit. Wie und wo kann ich mit meinen finanziellen Möglichkeiten auch in der Zukunft wohnen?
Die Beantwortung liefert weder der Blick in die Kristallkugel-150 mm Durchmesser, als Wahrsagungsball für rund 100 € bei kostenfreier Lieferung bestellbar, noch können die Karten den sicheren Weg weisen.
Zumindest die vermeintlichen Experten sind sich in dieser Frage, so sie sich öffentlich dazu äußern, einig, sie wissen es auch nicht. Es gibt keine gesicherte Prognose, lediglich die Analyse von einzelnen Einflussfaktoren lässt Tendenzen erkennen.
Wohnraumbedarf
Um die nationale Wohnungsknappheit einzudämmen und der hohen Nachfrage nach Wohnungen gerecht zu werden, gab die Bundesregierung den Bau von jährlich 400.000 neuen Wohnungen aus. Im gesamten Jahr 2023 wurden jedoch nur rund 260.000 Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt.
Die Anzahl der Baugenehmigungen war auch im Jahr 2024 weiter stark rückläufig. Im Zeitraum von Januar bis Oktober 2024 wurden 175 800 Wohnungen genehmigt. Das waren nochmals 19,5 % oder 42 600 weniger als im katastrophalen Vorjahreszeitraum. Hohe Materialkosten und teure Finanzierungsoptionen führen zu steigenden Baupreisen, wodurch sich die Zahl der Genehmigungen weiterhin auf sinkendem Niveau befindet. (de.statista.com)
Viele Jahre stiegen die Immobilienpreise schneller als die Mieten. Dieser Trend hat sich umgekehrt. Die Zahl der Baugenehmigungen für einen Neubau bricht ein. Fehlender Wohnraum verteuert die Mieten drastisch, eine sofortige Trendwende ist illusorisch. Das macht den Kauf einer Immobilie gegenwärtig wieder attraktiver.
Doch was bringt die Zukunft? Das Hamburger Weltwirtschafts-Institut (HWWI) untersucht regelmäßig den Wohnungsmarkt und stellt eine Prognose bis ins Jahr 2035. Ein gewagtes Experiment, ob mit Wahrsagungsball oder KI-Unterstützung, ist und bleibt eine Gleichung mit vielen Variablen und Unbekannten. Das Ergebnis ist im Postbank-Wohnatlas abrufbar.
Kaufkraft-Lebenshaltungskosten
Der Wohlstand ist in Deutschland regional sehr unterschiedlich verteilt: Nirgends ist die regionale Kaufkraft, also das um die örtlichen Lebenshaltungskosten bereinigte Einkommen, höher als in den beiden oberbayerischen Landkreisen Starnberg und Miesbach, die für ihre »Millionärsseen« bekannt sind. Das zeigt eine Auswertung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zur regionalen Kaufkraft. Am unteren Ende der Skala liegen Städte wie Offenbach und Gelsenkirchen (armes Schalke). Wohnen (Mieten) ist ein entscheidender Faktor.
Die Studie basiert auf Zahlen aus den Jahren 2022 und 2023. Sie berücksichtigt neben den verfügbaren Einkommen auch regionale Preisunterschiede. Die Unterschiede zwischen den insgesamt untersuchten 400 Kreisen und kreisfreien Städten sind demnach immens. Beim Spitzenreiter, dem Landkreis Starnberg, liegt die regionale Kaufkraft bei 35.392 EUR pro Einwohner. Das ist fast doppelt so viel wie in Offenbach mit 19.022 EUR. Deutscher Durchschnitt sind 25.790 EUR.
Die IW-Studie zeigt außerdem, dass sich der Wohlstand in einigen Regionen Deutschlands deutlich mehr häuft als in anderen. Die Spitzengruppe wird etwa klar von Bayern dominiert, das 28 der 50 bestplatzierten Gegenden stellt. Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen kommen je sechsmal vor, Schleswig-Holstein und Hessen zweimal. Dagegen findet sich selbst in den Top 100 kein einziger Eintrag aus dem Osten. Am anderen Ende der Skala ist das Bild gemischter: Unter den 50 Regionen mit der schlechtesten Kaufkraft kommt Nordrhein-Westfalen auf zehn Einträge, doch hier ist – mit Ausnahme von Hamburg – jedes Bundesland vertreten.
Zinsniveau
Die Baufinanzierer registrieren zum Jahresende 2024 eine starke Nachfrage nach Baufinanzierungen. Offensichtlich hat sich eine Akzeptanz zu den zwar gestiegenen, aber jetzt wohl für 2025 in einem Bereich von 3–4 Prozent verharrenden Bauzinsen eingestellt. Die Zeichen stehen trotz einer immer unsicheren Zinsprognose auf Kauf, so die Finanzexperten, denn die steigende Nachfrage lässt die Immobilienpreise wieder schrittweise anziehen. Experten sprechen von einer „Trendwende auf dem Immobilienmarkt“.
Das Statistische Bundesamt legt Anfang Januar 2025 eine erste Hochrechnung zur Inflationsrate vor. Demnach wird im Jahresdurchschnitt 2024 die Inflationsrate voraussichtlich bei +2,2 % liegen. Man erwartet für das Gesamtjahr 2025 eine Inflationsrate auf dem Niveau von 2024. Mit einer erneuten Teuerungswelle wie in den Jahren 2022 und 2023, hier fast neun Prozent, rechnen die Ökonomen trotz Anstieg des CO₂-Preises für Benzin, Heizöl und Gas sowie die Verteuerung des Deutschlandtickets jedoch nicht.
Wertzuwachs/Wertverlust der Immobilie
Energieeffizienz einer Immobilie wird wichtiger. Laut Immowelt zahlt man bis zu 45 Prozent mehr für neu hergestellte Wohnungen. Doch wie steht es um die Bestandsimmobilie?
Viele Gebäude sind „in die Jahre“ gekommen. Heizung und Dämmung entsprechen nicht mehr dem geforderten Standard. Eine komplexe Gebäudesanierung ist extrem teuer und kann sich nur langfristig rechnen. Um die Energieeffizienzklasse von D/E auf A+/A zu verbessern, fallen laut Studie Kosten von durchschnittlich rund 700 € pro Quadratmeter an.
Eine Studie des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW) untersucht den Kosten-Nutzen-Aspekt energetischer Gebäudesanierungen und kommt nach einer Presseinformation im November 2024 zu dem Schluss, dass solche Investitionen für Wohnungseigentümer zumindest langfristig lohnenswert sein können. Wesentliche Erkenntnisse sind:
Wertsteigerung durch Energieeffizienz: Wohnungen mit einer hohen Energieeffizienzklasse (A+/A) erzielen durchschnittlich 650 € pro Quadratmeter höhere Verkaufspreise als solche der Klasse D/E. Bei der Vermietung beträgt der monatliche Mietaufschlag etwa 0,85 € pro Quadratmeter.
Transparenz durch Bedarfsausweis: Der Preisaufschlag ist nur dann signifikant, wenn die Energieeffizienz durch den Bedarfsausweis, erstellt von unabhängigen Experten, nachgewiesen wird. Der Verbrauchsausweis, der lediglich vergangenes Heizverhalten widerspiegelt, führt zu deutlich geringeren Aufschlägen (ca. 225 € pro Quadratmeter).
Fazit
Wir wissen auch nicht, wohin die Reise gehen wird. Die Geschichte hat aber gelehrt, dass Wohneigentum mehr als eine Alternative zur Mietwohnung ist, wenn man mit kühlem Kopf die Kriterien abwägt und eine Entscheidung trifft.