Nach viel Verunsicherung ist es nun soweit: Das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen – kurz: der Mietendeckel- ist am 23.02.2020 in Kraft getreten. Der aktuelle Gesetzestext wurde am 22.02.2020 im Gesetz- und Verordnungsblatt von Berlin veröffentlicht.

https://www.berlin.de/sen/justiz/service/gesetze-und-verordnungen/2020/

Für verfassungsrechtliche Bedenken und große Diskussionen ist erst mal keine Zeit!

Trotz verfassungsrechtlicher Bedenken gegen das Gesetz und der Tatsache, dass mehrere  Fraktionen des Deutschen Bundestages und des Berliner Abgeordnetenhauses von Berlin ein verfassungsgerichtliches Normenkontrollverfahren angekündigt haben, ist das Gesetz erst einmal in der Welt und zu befolgen. Andernfalls drohen empfindliche Bußgelder für Vermieter und ihre Verwaltungen Verstößen. Die Bescheide sind sofort vollziehbar und ein Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung.

Welche Zielrichtung sollte verfolgt werden?

Einerseits wollen Sie keinen Bußgeldbescheid erhalten und andererseits sollen keine Ansprüche verloren gehen.

Sollte das Gesetz später für verfassungswidrig erklärt werden, ist es im besten Fall so, dass Sie keinen Bußgeldbescheid erhalten haben und Ihr Mieter die  einbehaltene Miete unter Berücksichtigung der Verjährungsvorschriften nachzuzahlen hat.

Hat das Gesetz Bestand, so ist es im besten Fall für Sie so, dass Sie keinen Bußgeldbescheid erhalten haben und in 5 Jahren die höhere Miete nach BGB fordern können.

Denn parallel zum MietenWoG (Mietendeckel) gelten die Vorschriften des BGB weiter.

Die folgenden Ausführungen beruhen auf den aktuellen Erkenntnissen und der Interpretation des aktuellen Gesetzestextes. Auf gerichtliche Entscheidungen kann im Moment noch nicht zurückgegriffen werden. Spätere gerichtliche Entscheidungen können hierzu eine andere Rechtsmeinung vertreten. Die folgenden Informationen ersetzen zudem keine Einzelfallberatung.

Der Mietendeckel gilt auch für private Wohnungseigentümer und „Kleinstvermieter“!  

Der Mietendeckel gilt grundsätzlich für alle Wohnräume, die vor dem 1. Januar 2014 bezugsfertig geworden sind. Er gilt damit auch für die Vermietung möblierter Wohnungen, einzelner Zimmer, Studentenwohnungen oder Einliegerwohnungen und Ein- oder Zweifamilienhäuser. Es muss sich einfach nur um Wohnraum handeln. Die gesetzlichen Ausnahmen, bis auf Neubauten, die nach dem 1.Januar 2014 fertiggestellt wurden, treffen für private Wohnungseigentümer kaum zu.

Was ist zu tun?

 

  1. Informationspflichten bis spätestens 22. April 2020 (§§ 3 Abs.1, 6 Abs. 4 und 7 MietenWoG) für Bestandsmietverhältnisse

Jeder Vermieter ist unaufgefordert (!) verpflichtet, innerhalb von 2 Monaten seinem Mieter alle Informationen zur Einordnung in die richtige Miethöhe zur Verfügung zu stellen. Dies gilt für alle Mietverträge, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes (vor dem 23. Februar 2020) schon abgeschlossen waren, sei es vor dem 18.06.2019 oder nach dem 18.06.2019. Ein Unterlassen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§11 Abs.1 MietenWoG).

Bei einem Verstoß gegen die Informationspflicht gelten ab dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes empfindliche Ordnungsgelder bis 500.000 €. Beachten Sie, dass bereits fahrlässige Fehler oder Falschangaben die Ordnungswidrigkeit verwirklichen. Die Informationen sind deshalb in jedem Fall auf Vollständigkeit und Richtigkeit konkret zu prüfen.

 

  1. Kein Fordern oder Entgegennahme einer zu hohen Miete ab dem 23.02.2020!

Ordnungswidrig handelt auch, wer ab dem 23.02.2020 (sprich ab der Märzmiete 2020) eine zu hohe Miete “fordert oder entgegennimmt” (§11 Abs.1 Ziff. 4 MietenWoG).

Lastschriftverfahren die zu hohe Mieten einziehen sind einzustellen, da auch dies den Bußgeldtatbestand erfüllt. Prüfen Sie daher jetzt, welche Miete dem Mietendeckel ab dem 23.02.2020 entspricht und weisen Sie ggf. den Mieter darauf hin.

Mietenstichtag 18. Juni 2019 gilt ab sofort: Spätere Mieterhöhungen (Staffelmiete, Indexmiete, § 558 BGB) bleiben außer Betracht und dürfen nicht mehr gefordert oder entgegengenommen werden.

Eine bereits vor dem 18.06.2019 erklärte Mieterhöhung, die erst nach dem 18.06.2019 fällig war und über der Mietobergrenze liegt, darf vom Vermieter nicht gefordert oder entgegengenommen werden.

Für noch laufende Mieterhöhungsverfahren auf Zustimmung, sei es gerichtlich oder außergerichtlich, lassen Sie sich beraten! Hier kommt es darauf an, ob das Einfordern der Zustimmung schon ein fordern im Sinne des Bußgeldtatbestandes ist.

 

  1. Ab dem 22. November 2020 gilt gem. § 5 MietenWoG das Verbot einer überhöhten Miete im Bestandsmietverhältnis:

Die Miete ist auf die Kappungsgrenze von maximal 20% über der Mietobergrenze herabzusenken. Es bedarf keines Bescheides der Behörde, das Fordern / Entgegennehmen einer höheren Miete vollendet den Bußgeldtatbestand und kann im Rahmen der typischen Verjährungsfrist durch die Ämter verfolgt werden.

 

  1. Wiedervermietung oder Neuvermietung zwischen Stichtag (18.06.2019) und Inkrafttreten (23.02.2020)

Mietendeckel: Besteht das Mietverhältnis über den 23.02.2020 hinaus fort, so gilt die bei Wiedervermietung vereinbarte Miete, auch wenn diese über der Obergrenze vereinbart wurde und auch wenn sie höher liegt als die Vormiete zum Stichtag am 18. Juni 2019.

Auch hier gilt: Informationspflicht bis zum 22. April 2020 und  Mietherabsetzung gem. § 5 MietenWoG ab dem 22. November 2020.

 

  1. Wiedervermietung oder Neuvermietung nach Inkrafttreten(23.02.2020)?

 

Doppelte Obergrenze bei Wiedervermietung: Wird nach Inkrafttreten des Gesetzes wieder vermietet, ist die Stichtagsmiete zum 18.06.2018 zu beachten (bei Wiedervermietung), gleichzeitig ist aber die Mietobergrenze einzuhalten (§ 4 MietenWoG). Es gilt jeweils der niedrigere Wert im Vergleich zwischen Stichtagsmiete aus dem Vormietverhältnis und Mietobergrenze (Tabellenmiete zzgl. Zuschläge).

Gem. §3 Abs.3 gilt außerdem:  Beträgt die Miete weniger als 5,02 EUR und weist die Wohnung zwei Merkmale nach § 6 Abs. 3 auf, erhöht sich die Miete bei Wiedervermietung um 1 EUR, maximal auf 5,02 EUR!

Die Informationspflicht gem. §§ 3,6 und 7 MietenWoG besteht vor Abschluss des Mietvertrages und jederzeit auf Verlangen der zuständigen Behörde!

 

  1. Wie sind Mietverträge unter der Geltung des Mietendeckels zu gestalten?

Bei der Vertragsgestaltung ist zu beachten, dass sämtliche bisher geltenden Regelungen des BGB (insbesondere Mietpreisbremse) nicht außer Kraft gesetzt sind und nach wie vor parallel gelten. Durch entsprechende Vertragsgestaltung für den Fall einer etwaigen Verfassungswidrigkeit oder dem Ablauf der Geltungsdauer des Gesetzes kann und sollten Vermieter und Verwalter vorbeugen, damit die nach BGB gültige Miete dann auch vereinbart ist und nicht nur die Mietobergrenze des Mietendeckels!

Lassen Sie sich bei der Gestaltung eines neuen Mietvertrages helfen, damit sie später auf der sicheren Seite sind.

 

Berechnung der Neuvermietungsmiete:

Im Wesentlichen gilt für Neuvermietungen ab dem 23. Februar 2020: Grundlage der Mietforderung ist die Miete nach dem Tabellenwert gemäß §6 MietenWoG. Ausnahme ist, wenn die Vormiete geringer als die Tabellenmiete mit Zuschlägen war, dann gilt die Vormiete.

Es sollte jedoch die höhere Marktmiete immer schon vertraglich vereinbart werden und die Miete nach dem Mietendeckel nur entgegengenommen werden unter dem Vorbehalt der Nachforderung der vertraglich vereinbarten Marktmiete. Hier kommt es auf die korrekte Vertragsgestaltung  an.

Zuschläge sind nur in sehr begrenztem Maße möglich. Unter anderem gilt Folgendes:

  • für Häuser mit maximal 2 Wohnungen ist ein Aufschlag von 10% möglich
  • für Wohnraum mit moderner Ausstattung ist ein Aufschlag von 1 EUR möglich

(mindestens drei der im Gesetz genannten Merkmale (barrierefreier Aufzug,             Energieverbrauchskennwert unter 120 kWh / (m²a), Einbauküche, hochwertige

Bodenbeläge, hochwertige Sanitärausstattung) müssen erfüllt sein)

  • Modernisierungen während der Gültigkeit des Mietendeckels sind nur in

begrenztem Umfang möglich (8% Umlage, maximal jedoch 1 EUR)

 

  1. Sind Modernisierungen noch umlegbar?

Frühere Modernisierungen sind in die Stichtagsmiete einzuberechnen.

Im Übrigen ist eine Beratung im Einzelfall unerlässlich. Es sind zudem verschiedene Informationspflichten und Anzeigepflichten gegenüber der IBB zu erfüllen. Durchgeführte Modernisierungen, welche zu Modernisierungsmieterhöhungen nach dem Stichtag geführt haben, sind Anzeigepflichtig bis zum 23.Mai 2020.

 

  1. Liegt eine besondere Härte für den Vermieter vor?

Gerade für private Wohnungseigentümer deren Kreditrahmen auf die zu erzielende Miete abgestimmt ist, kann der Mietendeckel finanziell eine besondere Härte darstellen. Hier kann ein entsprechender Antrag bei der IBB gestellt werden. Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn die Beibehaltung der nach den §§ 3 bis 6 zulässigen Miete auf Dauer zu Verlusten für die Vermieterinnen und Vermieter oder zur Substanzgefährdung der maßgeblichen Wirtschaftseinheit führen würde. Ein Verlust liegt vor, wenn die laufenden Aufwendungen die Erträge für die maßgebliche Wirtschaftseinheit übersteigen. Eine Substanzgefährdung ist gegeben, wenn Erträge aus der Wirtschaftseinheit für ihre Erhaltung nicht mehr ausreichen.

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Rechtsanwältin und Fachanwältin Lorraine Picaper, Kurfürstenstr.26a, 12249 Berlin, E-Mail: info@kanzlei-picaper.de, Tel. 030/81867556