Verwaltung bedient sich am Vermögen der WEG

Einen Verwalterwechsel kann nach dem seit 12/2020 geltenden WEMoG jederzeit durch die Eigentümergemeinschaft beschlossen werden:

§ 26 (3) Der Verwalter kann jederzeit abberufen werden. Ein Vertrag mit dem Verwalter endet spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung.

Für diesen Zeitraum steht ihm auch weiterhin die Verwaltervergütung zu, allerdings nicht dann, wenn eine fristlose Kündigung aus wichtigen Grund erfolgte. Das sollte juristisch unbestritten sein.

Es stellt sich die Frage, ob im Fall einer ordnungsgemäßen Kündigung die ausscheidende Verwaltung berechtigt ist, wenige Tage vor Beendigung der Verwalterstellung auf das Konto der Eigentümergemeinschaft zuzugreifen, und in einem aktuellen Fall in Köln € 19.237,30 als Verwaltervergütung für die folgenden sechs Monate an sich zu nehmen.

Wegen ungerechtfertigter entnommener Vergütung hat die neue Verwaltung zivilrechtlich Rückzahlansprüche geltend gemacht, sowie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Analog kann man die Ankündigung einer Berliner Verwaltung sehen, die neben der „Anpassung“ des Verwalterhonorars um Verständnis bittet, dass sie „im Zuge der Optimierung innerbetrieblicher Abläufe“ anstelle der monatlichen Abbuchung bereits im Januar in einer Summe den Jahresbetrag abbuchen werde. „Jede Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten“ (BGB  § 614).

Der VDWE hat mit Dr. Book eine kompetente Stimme zur rechtlichen Bewertung der Untreue im Fall Köln gewinnen können. Dr. Jan Philipp Book ist Rechtsanwalt in Berlin und seit mehr als 10 Jahren ausschließlich im Strafrecht tätig. Er ist Partner der wirtschaftsstrafrechtlich ausgerichteten Kanzlei kpw Rechtsanwälte.

Wir danken für seine rechtliche Einschätzung und die Möglichkeit, diese hier einzustellen.

Strafbare Untreue durch WEG-Verwalter?

Voraussetzungen, Grundbegriffe und neuere Entwicklungen

Die Untreue nach § 266 StGB ist ein schillernder Tatbestand. In der wirtschaftsstrafrechtlichen Praxis hat sie jedoch als eines der zentralen Vermögensdelikte unvermindert Bedeutung. Der Tatbestand erfasst im Grundsatz denjenigen, der als Inhaber einer Vermögensbetreuungspflicht dem betreuten Vermögen pflichtwidrig einen Nachteil hinzufügt. Eine wie auch immer geartete Bereicherungsabsicht setzt der Tatbestand dabei, im Gegensatz etwa zum Betrug nach § 263 StGB, nicht voraus. Gerade bei Risikoentscheidungen im Geschäftsleben ist die Rechtsprechung daher immer wieder um Restriktionen bemüht. Auch das Bundesverfassungsgericht hat mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass ein Schaden nach wirtschaftlichen Maßstäben bezifferbar sein muss. Dessen ungeachtet hat der Tatbestand der Praxis eine erhebliche Reichweite.

Dies soll Anlass sein, die Vorschrift unter dem Blickwinkel des WEG-Rechts und der Stellung des WEG-Verwalters vorzustellen (I.). Schließlich sollen Fallgestaltungen analysiert werden, in denen WEG-Verwalter eigene Vergütungsansprüche aus dem Vermögen der Gemeinschaft erfüllen (II.).

I.        WEG-Verwalter und Untreue

Der Tatbestand der Untreue lautet in seinem Kern wie folgt:

„Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Im Einzelnen sind die Voraussetzung der Strafbarkeit jedoch hoch umstritten.

1.  Vermögensbetreuungspflicht des WEG-Verwalters

Ein zentrales Merkmal des § 266 StGB Vermögensbetreuungspflicht. Hierunter versteht die Rechtsprechung die Befugnis, fremde Vermögensinteressen mit einiger Selbstständigkeit wahrzunehmen. Es darf sich nicht lediglich um eine völlig untergeordnete Nebenpflicht handeln. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem WEG-Verwalter eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des Tatbestandes obliegt. Grundsätzlich gilt insofern nichts anderes als etwa für Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstände einer AG bzw. eines Vereins.

2.  Weitere Tatbestandsmerkmale – Pflichtwidrigkeit und Schaden

Der Tatbestand der Untreue ist nur dann erfüllt, wenn das Handeln auch pflichtwidrig ist. Ein Einverständnis des Vermögensinhabers beseitigt die Tatbestandsmäßigkeit. Gerade bei schwierigen und riskanten wirtschaftlichen Entscheidungen kommt dem Merkmal der Pflichtwidrigkeit große Bedeutung zu. Beispielsweise darf und muss der Vorstand einer AG wirtschaftlich riskante Entscheidung treffen, ohne sich hierdurch den Vorwurf der Untreue auszusetzen. Dies gilt etwa dann, wenn eine zukünftige Entwicklung schwer prognostizierbar ist, gleichwohl auf eine geschäftliche Chance gesetzt werden soll. Eine Untreue kommt – vereinfacht gesprochen – dann in Betracht, wenn sich die Entscheidung nicht mehr an sachlichen Kriterien orientiert und unvertretbar ist.

Schließlich setzt die Untreue Vorsatz voraus; eine fahrlässige Begehungsweise ist nicht strafbar.

3.  Beispiele aus der Rechtsprechung

Löst etwa ein WEG-Verwalter ein Konto der WEG auf und transferierte diese Beträge auf eigene Konten, stellt dies grundsätzlich ein strafbare Untreue dar (vgl. etwa den Sachverhalt BGH NJW 1996, 65). Eine ähnliche Konstellation lag einer jüngeren Entscheidung des Landgerichts Bonn zu Grunde (LG Bonn, Urt. v. 5.6.2018 – 29 KLs-400 Js 1236/13-1/17 (ZWE 2018, 421). Im dortigen Fall hatte der Angeklagte in einer Vielzahl von Fällen Gelder von Girokonten der WEG auf Privatkonten transferieren lassen, und diese für private Zwecke verbraucht.

II.      Erfüllung eigener Vergütungsansprüche?

Die oben genannten Fallgestaltungen haben gemein, dass es sich um einen „klaren Griff in die Kasse“ zum Zweck der eigenen Bereicherung handelt. In anderen Konstellationen ist die Feststellung von Pflichtverstoß und Vermögensnachteil problematischer. Gerade wenn es zwischen der WEG und dem Verwalter zum Streit kommt, ist immer wieder auch der Zugriff auf Gelder zum Zweck der eigenen Vergütung streitig.

1.  Überweisung der Verwaltervergütung

Ob der Verwalter berechtigt ist, sich seine Vergütung selbst aus dem Vermögen der Gemeinschaft auszahlen zu lassen, hängt zunächst von den zugrunde liegenden Abreden ab. Vielfach wird aus Praktikabilitätsgründen als solche Abrede getroffen.

In strafrechtlicher Hinsicht liegt ein Schaden im Sinne des § 266 StGB dann fern, da (und soweit) der Verwalter einen Anspruch auf die Zahlung hat. Dies setzt allerdings voraus, dass der Anspruch auch fällig ist. Zum ähnlich gelagerten Fall eines Rechtsanwalts, der sich auf (vermeintliche) eigene Honoraransprüche berufen hatte, führt der BGH (Beschl. v. 24.7.2014 − 2 StR 221/14) Folgendes aus:

„Zwar fehlt es an einem Vermögensnachteil, wenn der Täter einen fälligen Geldanspruch gegen das von ihm treuhänderisch verwaltete Vermögen hat und hierüber in entsprechender Höhe zu eigenen Gunsten verfügt, so dass der Treugeber von einer bestehenden Verbindlichkeit befreit wird. Dies setzt aber voraus, dass die Verwendung der Mandantengelder nicht mit dem Vorsatz rechtswidriger Bereicherung erfolgt, sondern tatsächlich dem Zweck dient, bestehende Honoraransprüche zu befriedigen […] Daran fehlt es hier. Irgendwelche Honoraransprüche hat der Angekl. in keinem der abgeurteilten Fälle beziffert und geltend gemacht, so dass es schon deshalb an einer möglicherweise in Betracht kommenden Aufrechnungslage fehlt.“

 2.  Sonderfall: Zugriff auf die Verwaltervergütung nach Abberufung

In jüngster Zeit erregen immer wieder Fälle Aufregung, in denen Verwalter nach Abberufung die ihnen – nach ihrer Auffassung – insgesamt noch zustehende Vergütung an sich auszahlen lassen. Insoweit gilt das oben Ausgeführte entsprechend: Ein solches Handeln ist strafrechtlich unbedenklich, wenn nach den zugrundeliegenden zivilrechtlichen Abreden eine Fälligkeit der Gesamtforderung besteht. Fehlt es hieran, etwa weil der ursprüngliche Vergütungsanspruch monatlich besteht und hieran auch die Abberufung nichts ändert, besteht ein relevantes Untreuerisiko. Die vorzeitige Befriedigung einer (ungewissen oder in ihrer Höhe bestrittenen) Forderung kann auch im Strafrecht einen bezifferbaren Vermögensvorteil darstellen. Dies gilt erst recht, wenn der Zugriff erfolgt, um die zivilrechtliche Rechtsposition in einer erwarteten Auseinandersetzung zu stärken. Gerade letzteres wird auch für eine Würdigung der subjektiven Tatseite von erheblicher Bedeutung sein.

III.    Ausblick

Den Tatbestand der Untreue sollte jeder WEG-Verwalter im Rahmen seiner Tätigkeit im Blick behalten. Beim Umgang mit fremden Gelder ist stets größte Sorgfalt geboten. Dies gilt erst recht, so weit Zahlungen an den Verwalter selbst veranlasst werden. Der Zugriff auf fremdes Vermögen zur Befriedigung eigener (umstrittener) Ansprüche wird von Ermittlungsbehörden kritisch beäugt.

Dr. Jan Philipp Book

Dr. Jan Philipp Book ist Rechtsanwalt in Berlin und seit mehr als 10 Jahren ausschließlich im Strafrecht tätig. Er ist Partner der wirtschaftsstrafrechtlich ausgerichteten Kanzlei kpw Rechtsanwälte (www.kpw.berlin).

Schwerpunktmäßig berät und verteidigt er – bundesweit – im Bereich des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, zuletzt beispielsweise im Verfahren um die Betriebsratsvergütung im VW-Konzern. Daneben begleitet und vertritt er geschädigte Unternehmen im Rahmen der Anzeigeerstattung und der strafprozessualen Wahrung ihrer Rechte.