Bayern greift durch-Grillen auf der Terrasse nur noch nach Stundenplan erlaubt                                                             

Wenn es dem Nachbarn stinkt

Nach einer mehrjährigen juristischen Auseinandersetzung hatte das Landgericht München darüber zu befinden, ob häufiger „Fleisch- und Fischgestank“ eines auf einer Terrasse betriebenen Elektrogrills einen Miteigentümer über Gebühr beeinträchtigt. 

Mehr als zehn Zeugen mussten über den Grad der Geruchsbelästigung aussagen.

Die Kammer des Landgerichtes München folgt der herrschenden Meinung, dass in einem gewissen Umfang das Grillen als sozialadäquates Verhalten erlaubt ist, und die damit einhergehenden Beeinträchtigungen durch Gerüche daher hinzunehmen sind. Über den Grad der Beeinträchtigung ist im Einzelfall zu entscheiden. Der klagende Rentner bezifferte seinen Schaden auf Grund einer angeblichen Wertminderung auf 33.000,00 € und fordert, „dass es dem Beklagten untersagt wird, mehr als fünfmal im Jahr, hilfsweise mehr als zweimal im Monat und nicht nur auf der zu seiner Wohnung gehörenden Terrasse, sondern auch im Bereich der im Sondernutzungsrecht stehenden Gartenfläche zu grillen.“

„Wann das zulässige Maß überschritten ist und ein übermäßiges Grillen vorliegt, welches zu einer nicht mehr hinzunehmenden Beeinträchtigung führt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.”

Maßgebend für die Beurteilung sind u.a. der Standort des Grills, die Häufigkeit des Grillens und das verwendete Grillgerät.

Im verhandelten Fall bezieht sich die Klage auf unerträglichen „Fleisch- und Fischgestank“ durch oft zweimaliges Grillen pro Woche. Der Elektrogrill (!) steht in 16 Metern Entfernung auf der Terrasse des Beklagten.

„Aufgrund der von ihr durchgeführten Beweisaufnahme ist die Kammer der Überzeugung, dass beim Grillen auf der zur Wohnung des Beklagten gehörenden Terrasse Rauch und Gerüche entstehen, die – zumindest bei geöffnetem Fenster – in die Wohnung des Klägers eindringen und auf dem zu dieser Wohnung gehörenden Balkon auch deutlich wahrnehmbar sind. Weiter ist die Kammer aufgrund der von ihr durchgeführten Beweisaufnahme der Überzeugung, dass aufgrund der Häufigkeit, in der Vergangenheit auf der zur Wohnung des Beklagten gehörenden Terrasse gegrillt wurde, das Sondereigentum des Klägers in einem über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus durch eindringenden Rauch und Gerüche beeinträchtigt wurde.“

Bayerischer Stundenplan -Grillerlaubnis:

Anzahl der Grilltage pro Monat:          4 Tage

Wochenendregelung                     :       1 Tag (Sonnabend oder Sonntag)

Feiertagsregelung                          :       1 Tag (Sonntag oder nachfolgender Feiertag)

Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

Kommentar der Redaktion:

Gibt es in der Sache einen Sieger? Bis auf den Rechtsanwalt des Klägers kaum, auch wenn der sich nach Pressedarstellungen im süddeutschen Raum als solcher präsentiert.

  1. Die “Gemeinschaft” ist unwiderruflich entzweit, zerstritten.  Der mehrjährige Streit, die zahlreichen Zeugenladungen vor Gericht werden Spuren hinterlassen. Jede Eigentümerversammlung und Beschlussfassung wird mit Argusaugen verfolgt, der Verwaltung ist nur Fachkenntnis und Einfühlungsvermögen zu wünschen. Ein gemeinsames Grillen, ein wirkungsvolle Vorrichtung des Grillmeisters, den Rauch etwas abzulenken, und ein klärendes Gespräch zur rechten Zeit, hätten möglicherweise diesen leidvollen Rechtsstreit vermeiden lassen.
  2. Das Gericht hat Regularien für das Grillen auf der Terrasse definiert, ein Grillverbot im zum Sondernutzungsrecht stehenden Garten erfolgte nicht. Einem regelmäßigen Grillen, auch an den durch das Gericht untersagten Tagen, steht nichts entgegen. Es wäre nicht verwunderlich, wenn der Beklagte seine Aktivitäten dorthin verlagert, und zukünftig seine Aktivitäten um einen Räucherofen für frischen Fisch oder einem Spanferkelbraten am offenen Feuer erweitert.
  3. Dieses Urteil hat wie jedes Urteil einen Einzelfall bewertet. Das Gericht hat es sich in der Beweisaufnahme nicht leicht gemacht, um das Urteil des Amtsgerichtes zu revidieren. Im Ergebnis liegt ein Kompromiss vor, der analog vieler starrer Regelungen, im hier nicht angewendeten, Nachbarrecht versucht, beiden Parteien gerecht zu werden, ohne eine dauerhafte Befriedung zu bewirken.

Lothar Blaschke Vors. VDWE

LG München I, Urteil vom 01.03.2023, Az. 1 S 7620/22 WEG (REWIS RS 2023, 793)

Urteil