Rasante Prämienentwicklung bei der Wohngebäudeversicherung

Eine Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung ist ein Muss für jeden Hausbesitzer. Sie zahlt bei Schäden, die Sturm, Hagel, Feuer oder Leitungswasser am Haus anrichten. Die Wohngebäudeversicherung deckt alle mit dem Gebäude fest verbundenen Gebäudeteile ab.

Die Wohngebäudeversicherung ist unverzichtbar für jeden Gebäudeeigentümer, obwohl dazu grundsätzlich keine gesetzliche Pflicht besteht. Eine Ausnahme besteht in der Pflichtversicherung für Wohnungseigentümer in einer Eigentümergemeinschaft. Neben der Haftpflicht ist gemäß § 19 Abs.3 WEG neu die angemessene Versicherung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Neuwert gesetzlich verpflichtend.

In der Wohngebäudeversicherung wird üblicherweise der gleitende Neuwert versichert. Der gleitende Neuwert ist der Betrag, der aufzuwenden ist, um ein neues Haus nach den heute geltenden Vorschriften wiederherzustellen. Bei den rasant steigenden Baupreisen und bautechnischen Vorschriften vervielfacht sich für den Neubau der ehemalige Kaufpreis um ein Mehrfaches, und damit natürlich auch die anzupassende Versicherungsprämie.

Die Inflation hat Auswirkung auf den jährlichen Anpassungsfaktor (Prämienfaktor) der Versicherer. Eine jährliche Steigerung von 3 bis 5 % konnte seit dem Jahr 2018 kalkuliert werde, der sprunghafte Anstieg von 14,74 % von 2022 zu 2023 war dagegen unvorhersehbar. Ursachen sind die anziehenden Baustoffpreise und die damit verbundenen Preissteigerungen für den Neubau von Wohngebäuden. Dabei bildet sich die aktuelle, inflationäre Preisentwicklung, die den Bausektor nicht ausklammert, erst 2024 ab!

Viele Wohnungseigentümer reagierten bereits in der Vergangenheit mit Unverständnis auf die jährlichen Steigerungsraten bei der Wohngebäudeversicherung und fordern die Verwaltung zu Anbietervergleichen und dem Wechsel in eine günstigere Versicherung auf.

Was jetzt auf die Eigentümergemeinschaften und ihre Verwaltungen zu kommen kann, sprengt das gewohnte Maß, denn rein rechtlich kann jeder Versicherer ab sofort die Gebäudeversicherung zum Inflationsausgleich um 14,74 % anheben.

Für den Verwalter stellt sich die Frage, ob die „Anpassung“ des Versicherungsvertrages in diesem Umfang von seinen gesetzlichen Rechten und Pflichten zur ordnungsgemäßen Verwaltung gedeckt ist, die Vertragsanpassung mit seiner Unterschrift im Namen der Eigentümergemeinschaft ohne Beschlussfassung in Kraft tritt.

Nach § 27 WEG neu „Aufgaben und Befugnisse des Verwalters“ ist er

„… gegenüber der Ge­meinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnah­men ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die                                                                                          

1. untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder                    

2. zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.“

Wir haben dazu ein Gespräch mit Carsten Stenz, Wohnungseigentümer einer selbst genutzten Sondereigentumseinheit, und Geschäftsführer der EXPERT Versicherungsmakler Stenz & Werner GmbH geführt.

Herr Stenz, wie sind Ihre praktischen Erfahrungen im Umgang mit den immer teurer werdenden Gebäudeversicherungen für Eigentümergemeinschaften?

Für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gibt es Besonderheit zu beachten, denn das Versicherungsrecht ist nicht auf das Wohnungseigentum ausgerichtet. Der Versicherungsnehmer (Vertragspartner) ist immer der Verband der Wohnungseigentümer. Da die Gebäudeversicherung nicht in Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum trennt, kann im Schadensfall ein Sondereigentümer auch die versicherte Person sein. Für den Versicherer ist immer die Verwaltung der erste Ansprechpartner und Adressat für eine Beitragsanpassung.

Welche Fristen werden dem Versicherungspartner eingeräumt, auf die Preisanpassung zu reagieren?

Die Anhebung der Versicherungsprämie ist derzeit mangels Alternativen kaum verhandelbar, obwohl prinzipiell bei einer Beitragsanpassung über den inflationsbedingten 14,74 % dem Versicherungsnehmer ein Kündigungsrecht zusteht. Jedes Angebot zur Vertragsanpassung enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung, meist mit einer Fristsetzung von vier Wochen.

Die herrschende Rechtsmeinung sieht keine untergeordnete Bedeutung bei einem neuen Vertragsabschluss und rät der Verwaltung dringend zu einer Beschlussfassung. Bei einer Vierwochenfrist hat die Verwaltung bei größeren Wohnungseigentümergemeinschaft aber kaum die Möglichkeit einer Beschlussfassung, das ist praxisfremd. Selbst bei Verkürzung der Einladungsfrist von drei Wochen wegen besonderer Dringlichkeit § 24 (4) WEG neu, müssen im Minimum drei Vergleichsangebote eingeholt werden. Von den Konditionen sind die Angebote leicht vergleichbar. Gibt es gravierende Unterschiede zum Versicherungsumfang?

Der Grundversicherungsschutz ist bei allen Versicherern ähnlich, aber nicht gleich. Größerer Unterschiede bestehen in den besonderen Bedingungen und Klauseln. Nach unserer Erfahrung bedarf jede Vertragsanpassung einer sehr genauen Prüfung. Es kann vorkommen, dass bei Beibehaltung der ursprünglichen Konditionen im Neuvertrag der Versicherungsschutz nicht mehr im bisherigen Umfang gewährt wird. Versicherte Gefahren werden reduziert. Unter Zeitdruck begibt sich die Verwaltung in eine Verantwortung, die im Schadensfall eigene materielle Konsequenzen zur Folge haben können. 

An dieser Stelle mein Rat achten Sie auf eine s.g. Besitzstandgarantie in ihrem Vertrag. Diese schütz vor ungewollten Vertragsanpassungen zulasten des Versicherungsnehmers.

EXPERT Versicherungsmakler Stenz & Werner GmbH

Carsten Stenz

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