Wer den Nutzen hat-soll die Kosten tragen

Kosten für den Erhalt des Gemeinschaftseigentums können wirksam auf Einzelne übertragen werden 

BGH bestätigt mit seinen beiden Urteilen vom 22. März 2024 – V ZR 81/23 und V ZR 87/23 die Zulässigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer zur Änderung der Kostentragung für Erhaltungsmaßnahmen.

 Laut § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG haben Wohnungseigentümer die Befugnis, von der gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilung abweichende Beschlüsse zu fassen.

Das gelte auch dann, wenn dadurch der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem Wohnungseigentümer von der Kostentragung gänzlich befreit oder umgekehrt erstmals mit Kosten belastet werden.

Entscheidend ist, dass die geänderte Kostenverteilung der ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht und keinen Eigentümer ungerechtfertigt benachteiligt. Der Interessenausgleich der Gemeinschaft und der individuellen Eigentümer solle angemessen berücksichtigt werden.

(….ein weites Feld für Juristen und Gerichte tut sich auf….)

 Durch die getroffene Regelung werden nur die Eigentümer mit Kosten belastet, die – im Gegensatz zu den übrigen Wohnungseigentümern – auch einen Nutzen aus der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums ziehen und denen die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums wirtschaftlich zugutekommt.

Das gilt auch, wenn in der Vergangenheit die Kostenübernahme bei Instandhaltungsaufwendungen für das Gemeinschaftseigentum anders geregelt wurde, typischerweise, die Gemeinschaft im vollen Umfang die Kosten getragen hat.

Die Eigentümer können nicht darauf vertrauen, dass die gesetzlichen Öffnungsklauseln dauerhaft unverändert bleiben und die Mehrheitsmacht nicht erweitert wird. Vielmehr muss mit Änderungen gesetzlicher Rahmenbedingungen grundsätzlich gerechnet werden.

Das beispielgebende Urteil, hier zu einer Erhaltungsaufwendung für die Hebeanlage Doppelparker, sieht den alleinigen Vorteil Einzelner, eben den Nutzern der Doppelparker, als ausreichendes Indiz, die Kosten nur ihnen zu übertragen. Der Interessenausgleich einzelner Eigentümer und der Gemeinschaft wird allein auf das maßgebende Kriterium, wer einen Vorteil erlangt, muss dafür auch die Kosten tragen, abgestellt, nachvollziehbar und richtungsweisend.

Erhebliche Zweifel bestehen aus unserer Sicht zu Teilen der Argumentation im zweiten Urteil – hier Kostentragung für ein Dachfenster.

Dass der Sondereigentümer die Kosten für die Erhaltungsmaßnahmen „seines“ Dachfensters selbst übernehmen muss, ist in Anbetracht des Urteils zu dem Doppelparker nachvollziehbar.

Der Bundesgerichtshof hat allerdings entgegen der Auffassung des Landgerichtes Lüneburg entschieden, dass dann, wenn die Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 WEG eine Änderung der Kostenverteilung für eine einzelne Erhaltungsmaßnahme, nicht zugleich eine entsprechende Regelung für alle künftigen gleich gelagerten Fälle beschlossen werden muss. Ob und in welcher Art und Weise in Folgebeschlüssen die zuvor für eine einzelne Instandsetzungsmaßnahme beschlossene Änderung der Kostenverteilung zu berücksichtigen ist, kann nämlich nicht hypothetisch für künftige Fälle beurteilt werden, sondern nur für eine konkrete Maßnahme oder einen bereits gefassten, konkreten Beschluss.

Ein offenes Tor für Mehrheitseigentümer, eine Herausforderung für Verwaltungen, denen eine funktionierende Gemeinschaft am Herzen liegt, und ein breites Betätigungsfeld für die Damen und Herren Rechtsanwälte. Selbst die Gerichte dürften über diese Rechtsauffassung nicht glücklich sein.

Die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes finden Sie im Mitgliederbereich.

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